Manchmal, wenn ich meinen faulen Tag habe, gärtnere ich digital. Auf dem Sofa. Das ist angenehm für den Rücken und macht keine schmutzigen Finger. Ich muss das im Dreierpack geerntete Zeug nicht mal selber essen, weil es von alleine verschwindet. Dabei habe ich auch gelernt, dass man drei Hühnereier für ein Küken benötigt, und dass Möhren, Zwiebeln, Äpfel und Blumen Sonne und Wasser zum Wachsen brauchen.
Schon toll, was einem die neuen Medien so beibringen. Nur, dass man die Ernte auch gelegentlich gegen Waschbären verteidigen muss – das weiß ich spätestens, seit ein Vertreter dieser Spezies im letzten Jahr unseren Walnussvorrat geplündert hat.
Am besten gefällt mir, dass das Obst und Gemüse Kulleraugen hat, wackelt, hüpft und zappelt. Sieht aus, als wäre es für kleine Kinder gemacht, dieses Farm Heroes-Spiel. Aber das ist genau richtig für mich, weil ich mich bislang Computerspielen jeder Art komplett verweigert hatte. Vermutlich, weil ich mich ganz gut kenne und ahnte, dass das Zeug süchtig macht. Aber zumindest sind Obst und Gemüse gesünder als die Bonbons bei Candy Crush …
Heute Morgen im Flugzeug nach Zürich überlegte ich kurz, über den Wolken mein digitales Gemüse zu ernten. Schließlich ist die Bauerngartenfee überall im Einsatz. Letztlich war es mir aber viel zu peinlich. Ich wollte nicht mit diesem infantilen Spiel erwischt werden, weil neben mir ein Businesspendler saß. Keiner von der FAZ-unterm-Arm-ich-bin-ein-wichtiger-Businesskasper-Sorte, das hatte er offenbar nicht nötig. Um die 50 und vom Typ eine Mischung aus Pep Guardiola, Steve Jobs ohne Brille und Miguel Ferrer. Ich las dann lieber auch ganz erwachsen die W&V.
Mein seriöser Nebenmann fräste sich während des Fluges zunächst quer durchs Handelsblatt und die Berliner Morgenpost. Dann zog er sein Tablet hervor. Neugierig sah ich hinüber: Er erntete kulleräugiges Gemüse.
Wir Erwachsenen sind doch die wahren Bauernhof-Helden.
© Petra A. Bauer, April 2014