Es begann alles vor einigen Jahren mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung umweltpolitischer Probleme. Aus der Debatte entwickelte sich die Transformation des konservativen Landbaus hin zur ökologischen Landwirtschaft. Aufbauend auf ein nachhaltiges und ökologisches Umdenken sprossen dutzende von biologischen Alternativen zu den herkömmlichen Kulturverfahren wie Pilze aus dem Boden. Die Grundlage für unsere derzeitige Vielschichtigkeit im biologischen Pflanzenschutz wie auch in der naturnahen Nährstoffversorgung legten soziale Gemeinschaften, die sich unter den Begriffen „Urban Gardening“ oder „Guerilla Gärtner“ zusammenfanden, aus ihnen entsprang der Siegeszug der EM – Effektive Mikroorganismen.
Effektive Mikroorganismen haben ihren Ursprung in der traditionellen japanischen Kompostierung, besser bekannt als Bokashi. Diese Art der Kompostierung zeichnet sich durch eine anaerobe Fermentation, sauerstofffreie Umwandlung, des organischen Unrates aus. Ähnlich der Herstellung von Sauerkraut verrichten Mikroorganismen enzymatische Bioreaktionen und wandeln dabei organisches Material und vermeiden während des Prozesses Fäulnis und Schimmelpilzbildung.
Das Konzept wurden von Prof. Teruo Higa publiziert, der die These thematisiert, dass man im Boden zwischen positiven (aufbauende), negativen (abbauende) wie auch opportunistischen Mikroben unterscheiden muss. Eine anteilige Anreicherung durch abbauende Mikroorganismen fördert die Nährstoffumwandlung und deren Verfügbarkeit für die Pflanze im Boden in einem positiven Sinne.
Die wichtigsten Mikroorganismen sind in diesem Zusammenhang Milchsäuebakterien, Hefen und auch Photosynthesebakterien. Das Ergebnis ist eine mikrobiologische angereichertes Substrat, welches den Boden belebt und die Aktivität der Bodenlebewesen erhöht, die Bodenwärme reguliert, Feld- und Pufferkapazität des Bodens erhöht sowie zu einer gesunden und schnellen Wurzelbildung führt.
Im Laufe der Zeit hat sich jedoch die Begrifflichkeit „Effektive Mikroorganismen“ erweitert. Die EM stehen zwar noch immer in ihrer Kernaussage für die Bokashi-Fermentierung, werden in der heutigen Zeit aber ebenfalls mit der Terra Preta, Heubakterien, Mykorrhiza-Produkten und vielen weiteren Bodenbakterien in Verbindung gebraucht. Die wichtigsten Neo-EM’s sind durchaus die Terra Preta, die Heubakterien und natürlich Mykorrhiza. Letztere lassen wir heute mal unter den Tisch fallen, da eine Diskussion über diese wertvollen Symbiosepilze bereits einige Seiten für sich füllen könnte.
Bleiben wir bei der Terra Preta (do índio), der schwarzen Erde aus Brasilien. Sie ist ein anthropogener Boden, sprich menschlichen Ursprungs, hergestellt aus organischen Abfällen, Fäkalien sowie Holz- und Pflanzenkohle. Diese Mischung hat es den Indios erlaubt ihre Felder bis zu dreimal im Jahr zu bestellen und zu ernten. Terra Preta zeichnet sich, aufgrund des angereicherten Kohlenstoffs (Holzkohle), durch eine hohe Nährstoffspeicherfähigkeit aus.
Weiterführend spielen die Heubakterien in der heutigen Zeit ebenfalls eine große Rolle. Der wichtigste Vertreter ist das Bacillus subtilis. Es gehört zu den Rhizobakterien und lebt somit direkt im Wurzelumfeld der Pflanze und besiedelt auch die Wurzel. Aus diesem Grund baut es indirekt ein Schutzschild gegen Bodenpathogene, „bösartige“ Bodenpilze- und –bakterien, auf. Gleichzeitig wirken die Stoffwechselprodukte dieses Bakteriums wie ein natürliches Bewurzelungsmittel, versorgen Pflanzen mit einem erhöhten Nährstoffangebot und haben indirekt ebenfalls einen Einfluss auf eine positive Bodenstruktur.
Diese zahlreichen Helfer hat uns unsere „grüne Revolution“ nicht als Selbstzweck aus ihrer eigenen Entwicklung heraus in die Hand gegeben. Vielmehr sind es verschiedene Lösungsansätze für unsere aktuellen Probleme in der Kultivierung von Pflanzen, die vor allem durch die „Stadtgärtner“ adaptiert wurden. Bodenverdichtung, Ozon, UV-Strahlung, Wärmestau, Oberflächenabfluss, degenerierte Bodenstoffkreisläufe sind nur einige Faktoren über die sich unsere Großmütter und -väter keine Gedanken machen mussten, uns aber das Leben schwer machen können. Aus diesem Grunde seien wir dankbar für jeden kleinen Helfer.