Ich pflege eine innige Beziehung zu meinen Gartengeräten. Die kleinen sammle ich liebevoll in Eimern, damit ich sie bei der Gartenarbeit immer da habe, wo ich sie brauche. Das funktioniert so weit auch ganz gut – es sei denn, Mann und Kinder wollen mir „helfen“. Dann geht hinterher mehr Zeit bei der Suche nach Gartenschere, Schaufel und Grubber drauf, als ich mit der Hilfe eingespart habe.
Inzwischen wurde die Suche nach Gartengeräten allerdings auf das nächste Komplikationslevel angehoben, denn Lord Helmchen ist bei uns eingezogen.
Lord Helmchen soll uns eigentlich helfen. Er kam ganz unschuldig in einem riesigen Karton daher. Er wiegt satte 20 Kilo und bewegt sich ganz leise durch unseren Garten. So leise, dass ich manchmal gar nicht merke, wenn er ausbüxt. Was in seinem Programm gar nicht vorgesehen ist, denn Lord Helmchen ist ein Rasenmäher-Roboter. Aber einer mit starkem Willen.
Zuerst wollte er nicht aus dem Karton. Er hat sich absichtlich noch schwerer gemacht, um seinen gemütlichen Platz nicht mit seinem künftigen Arbeitsplatz auf dem Rasen tauschen zu müssen. Nach einem Kampf, den letztlich ich gewonnen habe, hat er sich immerhin in seine Ladestation tragen lassen.
Zuvor habe ich die zu mähende Rasenfläche mit einem Draht begrenzt, damit der Robo-Mäher weiß, wo er seine Arbeit zu verrichten hat. Als er fertig aufgeladen war, ermunterte ich ihn freundlich, doch mal loszulegen. Er schüttelte sich kurz und rumste einmal kurz gegen die Ladestation, als wollte er sagen: „Du hast all die Jahre alleine gemäht – das kannste jetzt auch weiter machen!“
Nach weiteren vergeblichen Versuchen, stellte ich fest, dass ich die Ladestation falsch herum am Begrenzungsdraht montiert hatte. Nach einer weiteren freundlichen Aufforderung meinerseits („Jetzt mach aber endlich, du blödes Ding!“), ruckelte Lord Helmchen unwillig aus der Station heraus und mähte in einer Ecke der Umzäunung vor sich hin. Leider nur in dieser.
Ich baute mich vor ihm auf und wies ihm mit der Hand den Weg („Hättest du vielleicht die Güte, auch mal in der anderen Ecke zu mähen?“). Er ignorierte mich summend. Wenn ihr mich fragt, war das reine Provokation.
Schließlich schnappte ich mir den widerspenstigen Roboter und setzte ihn energisch per Hand auf den anderen Teil des Rasens. Er sah mich wütend an und fuhr dann beleidigt auf dem Begrenzungsdraht zurück in sein Häuschen, aka Ladestation.
Und beim zweiten Umsetzversuch geschah es dann: Erst mähte er widerwillig auf der ihm zugewiesenen Stelle herum. Ich wandte mich kurz ab, und die Zeit nutzte er, um die Flucht zu ergreifen. Zielstrebig fuhr er über den Begrenzungsdraht in den freien Teil des Gartens, wo der Rasen nicht eingezäunt war. Ich hörte ihn summen: „Freiheit für die Rasenmäher!“, rannte hinter ihm her und fing ihn wieder ein. Ich sag euch, das Personal ist auch nicht mehr, was es mal war.
Nach einer Standpauke meinerseits und Verhandlungen über Urlaubstage, Mittagspausen und faire Feierabendregelungen, erledigt Lord Helmchen seine Arbeit jetzt ohne Widerspruch. Manchmal muss man eben klar machen, wer im Garten der Boss ist, v.a. wenn man einen verarmten Lord als Angestellten hat. Aber dann läuft es.
© Petra A. Bauer, Juli 2014