Romberg, Foto: pixabay

Petras Gartenkolumne: Modepflanzen

von Petra
Meine beste Freundin hatte kürzlich Geburtstag und ist außerdem in ihre erste eigene Wohnung gezogen. Ihr Wunsch an mich kam von Herzen: „Ich möchte schrecklich gerne eine Buntnessel haben. Die sehen toll aus und sollen pflegeleicht sein – das ist genau richtig für mich. Es kann gerne auch einfach ein Ableger sein.“

Buntnessel. Foto: Mokkie, Wikipedia, CC-Lizenz

Buntnessel. Foto: Mokkie, Wikipedia, CC-Lizenz

Allein die Erwähnung des Wortes „Buntnessel“ beamte mich direkt in die Wohnung zurück, in der ich aufgewachsen bin. Meine Mutter liebte Pflanzen (meine Pflanzenliebe habe ich von ihr geerbt) und hatte ein großes Blumenfenster mit extra tiefem Fensterbrett. Darauf tummelten sich neben Geld- und Drachenbaum, diversen Sanseverien und Gasterien, Usambaraveilchen, Schönmalve und Zimmerlinde (um nur einige zu nennen) auch immer wieder Buntnesseln in allen möglichen Farbzeichnungen. Ich empfand diese Pflanzen nicht als pflegeleicht. Seit ich bei meinen Eltern ausgezogen war, war es in meinen Behausungen immer zu warm und zu trocken. Und so und ich habe nach zwei fahrlässigen Tötungen die Buntnesselhaltung aufgegeben. Also nix mit Ablegern. Aber, wenn meine Freundin sich eine Buntnessel wünschte, sollte sie eine bekommen.
Dabei hatte ich allerdings die Rechnung ohne die Trends gemacht.
Man mag es kaum glauben, aber auch Pflanzen sind dem Modediktat unterworfen. Man denke nur an den Gummibaum. Damit meine ich nicht den Ficus benjamini, aka Birkenfeige, der sich zu einer Art Evergreen (haha, Wortspiel) entwickelt hat und wohl aus keinem Großraumbüro mehr wegzudenken ist. Ich meine den guten alten Ficus elastica, der in den 60er und 70er Jahren wohl so ziemlich in jeder teppichlosen Sozialbauwohnung stand. So auch bei uns: Ein langer Trieb mit ein paar vereinzelten großen Blättern dran. In den 80ern ist der Gummibaum dann für lange Zeit in der Versenkung verschwunden und erlebt erst jetzt seine Renaissance, seit Pflanzen offiziell zu Wohndeko erklärt wurden.
Oder die Zami. Wissenschaftlich Zamioculcas zamiifolia. Jaaaa, ich kann das sogar auswendig! Es muss anno 2009 gewesen sein, als ich einige stattliche ZZ-Gewächse im Wohnzimmer von Schweizer Freunden entdeckte und sofort fasziniert war.  In der Schweiz war die Zami wohl recht beliebt (immerhin kam das erste Exemplar ja auch schon 1996 nach Europa), aber ich konnte ja schlecht eine Pflanze mit ins Flugzeug nehmen. Also ließ ich mir einen Stängel abschneiden, wohl wissend, dass es ewig dauern könnte, bis sich da Wurzeln bilden – falls überhaupt. Weil ich aber nicht aufhörte davon zu reden, versuchte der Liebste mir eine Zami zu besorgen. Er musste sie letztlich sehr umständlich über einen Blumenladen bestellen und hat ein Schweinegeld dafür bezahlt. Bald darauf eroberte sie in Deutschland allerdings die Baumärkte und Pflanzencenter und somit auch Artpraxen und Büros. Ein Jahr später bildete dann auch mein Ableger Wurzeln …
Modetrends allüberall, aber ich ließ mich nicht beirren und klapperte Baumärkte, Gartencenter und Blumenläden ab. Nun ist der November ohnehin nicht gerade ein Pflanzenmonat, aber auch das war keine Erklärung dafür, dass ich weit und breit nichts entdeckte, was einer Buntnessel auch nur annähernd ähnlich sah. Es interessiert sich gerade niemand für Buntnesseln. Sie haben das verstaubte Image der Blumenfenster meiner Kindheit.
Ich habe meiner Freundin letztlich eine pflegeleichte Zami mitgebracht, weil – siehe oben.  Aber ein bisschen enttäuscht war sie schon. Sobald ich irgendwo eine Buntnessel zu fassen bekomme, halte ich sie fest und bringe sie ihr mit. Und eine für mich. Vielleicht begründen wir damit eine neue Mode, wenn wir die Nesseln nur häufig genug auf Instagram posten.
Petra A. Bauer - die Bauerngartenfee.

Petra A. Bauer – die Bauerngartenfee.

Das war übrigens nach fünf Jahren meine letzte Kolumne für diese Rombergs. Danke, dass ihr immer mitgelesen habt. Falls ihr mich vermisst, könnt ihr einfach auf bauerngartenfee.de gucken oder bei @bauerngartenfee auf Instagram in meinem Feed stöbern.
Ich wünsche allen Lesern und dem Romberg-Team frohe Weihnachten und ein gesundes, glückliches 2019. #machwasdraus!

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