Im Frühjahr kann man sich die Tage, an denen die Blattlaus invasorisch in unseren Gärten, Balkonen und Terrassen eindringt rot im Kalender anstreichen. Mit einer sturen Regelmäßigkeit schwärmen die Jungfern beim Entfalten des ersten zarten, frischen Laubes von Bäumen, Sträuchern und Stauden aus. Gerade zu dem Zeitpunkt, an dem sich viele über die erste grüne Pracht im Garten oder auf dem Balkon erfreuen. Mit Schrecken stellen wir dann eines schönen Morgens fest, das die Triebspitzen der Rosen oder die ersten Triebe der Bohnensetzlinge mit Blattläusen übersät sind. Wie an einer Perlenschnur aufgefädelt sitzen diese eng aneinander gekuschelt und saugen mit ihren winzigen Rüsseln den zuckerhaltigen Pflanzsaft aus den Siebröhren.
Die klassische Lösung für einen Blattlausbefall ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, in diesem Fall von einem Insektizid. Für den Hobbygärtner hat sich die Industrie mannigfaltigen Möglichkeiten einfallen lassen, um den Blattläusen das Leben schwer zu machen und Ihnen einen lausfreien Frieden zu bescheren. Sie haben die Wahl zwischen Sprühen, Stecken oder Gießen, wobei sich die Komposition der Pflanzenschutzmittel im Falle der Blattlaus auf fünf Wirkstoffe beschränkt. Dimethoat, Imidiacloprid (Thiacloprid), Thiamethoxam, Acetamiprid und Pyrethrum lauten die chemischen Bezeichnungen der anthropogenen Blattlauswaffe. Sollte bei dem Einen oder Anderen ein leises Läuten erschallen, so haben Sie recht. Mindestens drei dieser Wirkstoffe stehen im Verdacht zum Bienensterben beizutragen. Französische wie auch deutsche Institute haben in Studien den Verdacht geäußert, dass Imidiacloprid, Dimethoat und Thiamethoxam den Orientierungssinn der Bienen beeinflusst, somit finden diese nicht mehr in ihren Stock zurück und verenden in der Abenddämmerung. In Kontakt kommen die Bienen mit den genannten Insektiziden, wenn sie den Pollen von Pflanzen naschen, die vorher mit diesen Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden. Bei einem direkten Kontakt wird die Biene bewusstlos und trudelt im Sterben begriffen zu Boden.
In vielen Fällen ist eine unsachgemäße Anwendung dieser Pflanzenschutzmittel der Ausgangspunkt für weitreichende Folgen, wie das Beispiel der Biene zeigt. Die Blattlaus in unserem Garten oder auf dem Balkon kann man mit chemischen Pflanzenschutzmitteln unbesorgt zu Leibe rücken, wenn man sie mit Sinn und Verstand einsetzt. Erstens sollten nur Zierpflanzen mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelt werden, zweitens sollte nie in die Blüte gesprüht werden und drittens finden Pflanzenschutzmaßnahmen zum Bienenschutz stets am Abend statt, wenn die Bienen bereits wieder in ihrem Stock sind. Die Methoden bei Obst, Gemüse und Kräutern sehen etwas anders aus. Die meisten Insektizide haben eine systemische Wirkung, dies bedeutet sie werden vom Pflanzensaft aufgenommen und in alle chlorophyllhaltigen Zellen der Pflanze transportiert. Niemand wird gerne auf diese Weise behandelte Tomaten, Äpfel oder Kräuter essen wollen, mit dem Wissen, dass Reste dieser Insektizide in den Früchten oder Blättern verweilen können. Aus diesem Grund bedient man sich einiger Alternativen.
Jeder Schädling hat einen Gegenspieler in der Natur, die Blattlaus wird gerne von den Larven des Marienkäfers gefressen. Diese Nützlinge kann man sich bestellen und in die betroffenen Pflanzen aussetzen, nach einiger zeit sind alle Läuse verschwunden. Wer es nicht mag, dass etwas in seinen Pflanzen kreucht und fleucht, der kann auf die asiatische Waschnuss oder das indische Neem zurückgreifen. Beides besitzt eine natürliche insektizide Wirkung und ist für Mensch und Umwelt ungefährlich. Das Neem bekommt man in der Regel als Öl, welche verdünnt wird und dann auf die betroffenen Pflanzen gesprüht wird. Die Waschnuss hingegen muss erst noch weiterverarbeitet werden. Die Waschnüsse werden in Wasser abgekocht, der Sud wird gefiltert und das Filtrat wird dann pur auf die Pflanzen gesprüht. Oft reicht eine Behandlung schon aus.
In diesem Sinne mit Verstand und Übersicht in ein schädlingsfreies Gartenjahr.
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Der Pflanzendoktor ist leitender Berliner Pflanzendoktor, Pflanzenschutzexperte beim Deutschen Bauernverlag (Gartenflora), Gastdozent an der Königlichen Gartenakademie und bloggt hier
1 Kommentar
[…] erster Beitrag ging bereits am 10. Mai online und beschäftige sich mit dem allseits (un)beliebten Thema der […]