Naturnaher Garten Teil 1 : Wildblumen für die Artenvielfalt (und für’s Auge)

von Rieke

In diesem Jahr möchte ich mit verschiedenen Schwerpunkten etwas über einen naturnahen Garten schreiben. Diesmal geht es um blühende Nahrungspflanzen. Das passt wunderbar, denn ich engagiere mich seit Kurzem hier vor Ort in einer Projektgruppe und unsere erste große Aktion soll die Verteilung von Saatgut im Frühjahr und ein Vortrag über Wildbienen sein.

Vielleicht hast Du es schon mal erlebt, gefühlt und gehört: Auf einer Wildblumenwiese brummt, summt und zwitschert es. Hier gefällt es vielen Tierarten. Bienen finden Pollen, Schmetterlinge können von bunten Blüten kosten und auch Vögel entdecken hier ihre Nahrung.

Weniger Insekten – Dramatisches Artensterben

Leider summt, brummt und sirrt es immer weniger. Das ist nicht nur unsere subjektive Wahrnehmung, vielmehr weisen auch Studien nach, dass sich der Bestand an Schmetterlingen, Bienen und Co. stark reduziert hat. Besonders die Situation der Bienen ist dramatisch. Deutschland weit starben z.B. im Jahr 2003 ca. 30 Prozent der Bienenvölker. Insgesamt ist nach Untersuchungen in NRW die Biomasse der sogenannten Fluginsekten seit 1989 mancherorts um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.

Es gibt immer weniger Insekten. Ein Grund: Das Fehlen geeigneter Nahrungspflanzen. Fotos: I.Rieken/Befis Naturgarten

Es gibt immer weniger Insekten. Ein Grund: Das Fehlen geeigneter Nahrungspflanzen. Fotos: I.Rieken/Befis Naturgarten

Folgen für das Ökosystem

Das Insektensterben bleibt nicht folgenlos, denn blütenbesuchende Insekten wie Bienen, Wespen, Schmetterlinge, Fliegen und Käfer haben eine entscheidende Funktion im Ökosystem. So sind fast 80 Prozent der einheimischen Blütenpflanzen auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Natürlich hängen auch gerade deshalb wir Menschen von dieser wichtigen Tätigkeit der Tierchen ab. Insekten sichern und steigern nicht nur die Erträge von Kulturpflanzen wie Obst oder Raps, sondern erhalten auch die Wildvegetation, die Lebensgrundlage vieler Tierarten ist. Die Insekten selbst dienen wiederum Insektenfressern wie Vögeln als Nahrung. Der Rückgang vieler Vogelarten wird deshalb auch mit dem Schwund der Insekten in Zusammenhang gebracht, denn Insekten sind Nahrungsquelle für mehr als die Hälfte aller Vogelarten. Auch zahlreiche andere Arten wie Amphibien, Vögel oder Fledermäuse sind auf Insekten angewiesen und sind ebenso durch den Rückgang der Insektenvielfalt in ihrem Bestand gefährdet.

Die Gründe – Pestizide, Klima und das Fehlen blühender Landschaften

Die Gründe des Artensterbens sind vielfältig und werden erforscht. Als Ursachen werden zum Beispiel der Einsatz von Insektiziden ( hier besonders die sogenannten Neonicotinoide), der Klimawandel oder die allgemeine Lichtverschmutzung ausgemacht. Aber auch das Schwinden von heimischen Nahrungspflanzen gilt als eine der entscheidenden Ursachen für diese Verluste.

  • Wir sehen es selbst: Vielerorts ist der Sommer hierzulande nicht mehr bunt, sondern nur noch grün und braun. Blühende Ackerpflanzen sind durch den Einsatz von Pestiziden, durch mechanische Unkrautbekämpfung und die Bereinigung von Saatgut oft fast vollständig von den Feldern verschwunden. Wiesen werden außerdem häufiger und meist kurz vor der Blüte gemäht. Dadurch fallen wichtige Nahrungsquellen für die Insekten weg. Außerdem fehlen auch in heimischen Gärten geeignete Nahrungspflanzen und Geranien sind nach wie vor beliebte Blumen für Balkone deutschlandweit.
Wildblumen im Garten oder auf öffentlichen Flächen sehen nicht nur wunderschön aus, sondern bieten auch vielen Tierarten Nahrung und Schutz. Foto: Marcus Haseitl

Wildblumen im Garten oder auf öffentlichen Flächen sehen nicht nur wunderschön aus, sondern bieten auch vielen Tierarten Nahrung und Schutz. Foto: Marcus Haseitl/ www.mellifera.de

Das könnt ihr tun: Wildblumen im Garten und auf dem Balkon

Ihr könnt relativ einfach in Eurem Garten für eine Nahrungsvielfalt sorgen. Dafür muss nicht der ganze Garten oder Balkon von einer Blumenwiese bedeckt sein. Ihr könnt einfach mit einem Streifen an der Hauswand, entlang der Terrasse oder mit einem kleinen Kübel oder Kasten mit Wildblumen auf dem Balkon beginnen. Optimalerweise erreicht Ihr ein kontinuierliches Blütenangebot vom Frühjahr bis in den Herbst hinein. Besonders einfach und schnell entsteht mit zertifizierten Wildblumenmischungen ein Blütenmeer,  das Wildbienen, Schmetterlingen und Vögeln Lebensraum und Nahrung bietet. So ein Gartenbereich mit vielen verschiedenen Wildblumen ist wunderbar bunt und außerdem pflegeleicht.

Geeignete Sorten /Mischungen
  • Heimische Wildpflanzen sind darauf spezialisiert, ihren Bestäubern Nektar und Pollen anzubieten. Lippenblütler wie zum Beispiel der Wiesensalbei locken bunte Schmetterlinge und Hummeln an, denn um an den schmackhaften Nektar zu kommen, ist ein langer Rüssel gut geeignet. Korbblüter wie die Scharfgarbe bieten außerdem mit vielen kleinen Blüten Nahrung für viele verschiedene Insekten, zum Beispiel für den schillernden Bockkäfer. Weitere empfohlene Blumen/Pflanzen sind zum Beispiel Phacelia, Buchweizen, Ringelblume, Borretsch, Dill, Rotklee, Klatschmohn, Kornblume oder Gänseblümchen.
  • Auch Futterpflanzen für Schmetterlingsraupen wie die Wilde Möhre sind sehr sinnvoll: Von ihnen ernähren sich beispielsweise die Raupen des Schwalbenschwanzes gern. Besonders nachhaltig sind natürlich Wildstauden, denn sie können draußen überwintern und für einige Jahre Freude bereiten. Dazu mehr in einem späteren Artikel.
  • Es gibt außerdem Saatgutmischungen für mehrjährige Blühflächen, die aus 30 bis 60 Pflanzenarten mit heimischen Wildblumen und Kulturpflanzen bestehen und für Standzeiten von zwei bis fünf Jahre konzipiert sind. Die Zusammensetzung und das Erscheinungsbild dieser Mischungen mit einjährigen und mehrjährigen Arten ändert sich von Jahr zu Jahr.
Wildblumen statt Geranien. Auch auf dem Balkon gedeihen farbenfrohe Nahrungspflanzen. Foto: W. David

Wildblumen statt Geranien. Auch auf dem Balkon gedeihen farbenfrohe Nahrungspflanzen. Foto: W. David

Ausaat und Pflege

Der Saatzeitraum für Wildblumen ist in der Regel Frühjahr und Herbst. Der Standort sollte wenigstens für ein paar Stunden Sonne am Tag haben.

Wenn Du auf Rasen säen möchtest, dann entferne den Rasen und Bewuchs und bringe 5-10 cm Sand auf den Boden auf und arbeite ihn ein. Vor der Aussaat ist eine gute Bodenvorbereitung sehr wichtig, ebenso die Entfernung von Wurzelunkräuter wie Quecke oder Winden. Bei lehmigen und sehr nährstoffreichen Böden ist auch die Einarbeitung von Bausand angebracht. Die Aussaatfläche solltest Du nach der Aussaat möglichst walzen oder mit einem Brett fest andrücken.

Balkon

Auf dem Balkon gedeihen Wildblumen gut in Kästen und Kübeln. Kombiniere am besten eine höherwüchsige Art mit niedrigen oder Bodendenkern. Achte auf eine ausreichende Dränageschicht zum Beispiel aus Tonscherben oder Kies.

Pflege

In den ersten Wochen ist es ratsam konkurrenzstarke Pflanzen wie z.B. Gras und Giersch zu pflücken und die Fläche feucht zuhalten. Je nach den örtlichen Gegebenheiten/Bodenbeschaffenheit kann der Aussaaterfolg ganz unterschiedlich ausfallen. In der Regel wachsen die Arten, die sich an diesem Ort wohlfühlen.

In eigener Sache: Projektgruppe im Dorf

In meinem neuen Heimatdorf gibt es einige Menschen, die sich für Natur und Umwelt einsetzen. Direkt erleben konnte ich das in Befis-Naturgarten, einem wunderschönen 10000 qm großen Lehr- und Schaugarten. Hier gibt es Bienen, eine Streuobstwiese, ein Bauwagenklassenzimmer, Hochbeete und vieles mehr.

Auf einem alljährlichen Workshop hat sich dann eine Gruppe zusammengefunden, die über den Garten hinaus etwas im Dorf für die Umwelt tun möchte. Wir starten im Frühjahr und verteilen an die BewohnerInnen des Dorfes eine Wildblumen-Mischung und laden außerdem zu einem Vortrag mit einem Wildbienenexperten ein. Weitere Pläne sind zum Beispiel das Anbringen von Nistkästen, Vorträge zu Themen wie Wildstauden und Obstgehölze. Unsere langfristige Idee ist es, im Dorf eine naturnahe Erlebnisroute umzusetzen. Ich freue mich darauf.

  • Wenn ihr in eurer Nachbarschaft etwas starten wollt, es ist gar nicht so schwer. Tipps und Infos gibt es zum Beispiel unter www.bluehende-landschaft.de.

In diesem Sinne: #machwasdraus

Mehr Infos:

www.naturgartenfreude.de

www.mellifera.de

 

wildblumen

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