Romberg

Das Einmaleins des richtigen Gießens

von Jens

Bereits der alte Goethe sagte, “Das Wasser ist ein freundliches Element für den, der damit bekannt ist und es zu behandeln weiß.“  Aus der Erfahrung heraus, werden mir wohl jetzt die Meisten darauf hin antworten, das Blumen gießen im Garten oder auf dem Balkon eine der leichtesten Übungen ist. Da fragt man sich nur, warum jede zweite Pflanze entweder vertrocknet oder vergossen wird.

Das mit dem Gießen ist nämlich nicht ganz so leicht, wie es sich im ersten Augenblick anhört.  Vieles, was wir als sorgsames gutes Gießen empfinden wirkt sich am Ende kontraproduktiv zur Pflanzengesundheit aus. Beginnen wir mit dem Klassiker, dem Rasen sprengen. Eine weitverbreitete Unsitte ist das tägliche, meist zu kurze Bewässern der Rasenfläche. Egal ob man dies manuell mit der Gartenbrause oder mit einem komplexen Gartenbewässerungssystem tut, dem Rasen tut dies prinzipiell nicht gut. Warum? Durch das tägliche bewässern befeuchtet man regelmäßig nur die oberste Bodenschicht. Die sproßbürtigen Graswurzeln bleiben kurz, da es keinen Grund gibt in tiefere Bodenschichten zu wachsen, um sich Feuchtigkeit zu besorgen. An extremen tagen mit sehr hohen Temperaturen oder einem ständig wehenden Wind trocknet der Oberboden sehr schnell durch, so dass die zu kurze Rasenwurzel bereits zur Mittagsstunde nach Wasser lechzt. Das abendliche Sprengen kommt dann an diesen Tagen zu spät, weil man bereits erste vertrocknete kreisförmig bis flächige Rasenabschnitte beklagen kann. Die sinnvollere Variante ist ein wöchentlich tiefgründiges Bewässern der Rasenflächen bis in eine Tiefe von 20 bis 30 cm. Der Oberboden trocknet ab und die Rasenwurzel wandert der Restfeuchtigkeit in die Tiefe nach. Bei Temperaturen über 30°C kann man durchaus zweimal in der Woche tiefgründig bewässern. Genauso sollten Hecken, Bäume und Sträucher im Garten bewässert werden.

Weiterhin lieben es viele Menschen am Abend ihre Pflanzen mit dem Gartenschlauch zu besprühen. Wenn wir schwitzen müssen das unsere Pflanzen ja auch und eine kühle Dusche kann nicht schaden. Mmh, schwitzen können unsere Pflanzen schon, die abendliche Dusche ist aber wirklich unsinnig. Die Feuchtigkeit in den Pflanzbeständen bleibt in der Nacht lange erhalten, perfektes Klima für die bösartige Pilzbrut unsere schönen Zierpflanzen zu befallen. Rost, Sternrußtau, Rhizoctonia oder Septoria sind nur einige der Gäste, die man lieber ausladen möchte.

Auf dem Balkon treiben andere Gebräuche ihren Schabernack. Die Nummer Eins ist und bleibt Omas Tonscherbe, die über dem einzigen Ablaufloch eines Pflanzgefäßes gelegt wird. Warum, frage ich mich jedes Mal? Die Tonscherbe blockiert den Wasserablauf und die kleinen Spalten zwischen Scherbe und Gefäß wird mit der Blumenerde verdichtet, die mit der Zeit durch das Gießen und dem Eigengewicht nachsackt. Jetzt brauchen wir nur einen ein paar Tage Regen und unsere Pflanzen saufen sprichwörtlich ab. Als Drainage empfiehlt es sich eher Blähton als unterste Schicht in das Gefäß zu füllen, ein wasserdurchlässiges Vlies darüber zulegen und dann die Pflanzen in Blumenerde einzupflanzen. Somit hat man Luft im Pflanzgefäß, das überschüssige Wasser kann ablaufen und die Erde sackt nicht in den Blähton nach.
Pflanzen haben leider artenbedingt einen unterschiedlichen Anspruch an Wasser, insofern gilt einzig und allein die gärtnerische Grundregel witterungsbedingt und artgerecht gießen. Klingt unglaublich schwammig, wenn man nicht den grünen Daumen besitzt. Den kann man sich aber mit einem Feuchtemesser in den Garten oder auf den Balkon holen, so hat man wenigstens das Gießen im Griff.

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Jens Packwitz ist leitender Berliner Pflanzendoktor, Pflanzenschutzexperte beim Deutschen Bauernverlag (Gartenflora), sowie Gastdozent an der Königlichen Gartenakademie.

 

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